Das einzige Geheimnis ist, dass es keine Geheimnisse gibt.

Genesis & Exodus

Am Anfang war die Langeweile. Gott schuf nur, weil ihm langweilig war. Und der Mensch, als das klügste Tier, wieviel freie Zeit hat er zu füllen.. Der Mensch ist das gelangweilteste Wesen der Erde. Langeweile ist der erste kulturelle Grund unserer Kultur. Nun hat die menschliche Hand viel zu viel Fleisch an sich für die Perfektion Gottes. Perfektion wäre nur perfekt, wenn sie nicht langweilig wäre. Es ist die einzige Sünde des Menschen, nichts mit seiner Langeweile anfangen zu können. Alle Wahrheit ist einfach und deswegen langweilig. Der Mensch bemüht sich folglich um das Verkomplizieren der Wahrheit. Reizvoll sind allein Fragen des Details. Wenn man die Dinge beim Namen nennt, werden sie langweilig. Über die Jahrtausende wurde aus dem Geheimnis, das der Mensch sich gegen seine Langeweile geschaffen hatte, eine Wahrheit, die dem Menschen „unergründbar“ wurde. Einige suchten doch, und fanden den leichten Weg zu Gott. Philosophen fanden den steinigen Weg zu Gott. Aber auch die Unergründbarkeit des Geheimnisses wurde langweilig. Der Mensch wurde fatalistisch und rettete sich in die Welt. Er begibt sich in die Wahrheit. Warum die Neugier, Warum das Hinauswagen? –Langeweile.

Langeweile ist der fruchtbarste Nährboden. Alles ist langweilig, doch gibt es Wunder. Das größte Wunder ist der Mensch. Der Mensch muss lernen, sich auf den Kopf zu schauen. Wenn auch die Welt leer ist, so wird doch nie der Mensch leer sein. Der Mensch ist der einzige, der wahrhaft schafft. Unnötiges schaffen ist das wirksamste Mittel gegen Langeweile. Schaffen ist Kultur. Unnötiges schaffen ist der Gipfel der Kultur. Kunst in ihrer Essenz ist unnötig, alles andere an ihr ist Didaktik. Referenzlose Kunst kann nicht geschaffen werden, da der Mensch nicht Gott ist, und könnte sie es werden, wäre sie langweilig. Der Mensch kann sich mit seinem Schaffen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Was ist nicht ein Produkt des Menschen?

Galahad starb, als er in den Gral schaute, da er sah, dass er leer war.

Der Zeitgeist

I
Gebunden von den Herren
Verköstigten darbende Bauern völlernden Adel
Das Ebenbild Gottes, die Krone der Schöpfung,
schwitzte auf gepachteten Äckern

II
Dann entdeckte das Volk sich selbst
Und wunderte sich
Über seine Misere
Jetzt am Rande der Galaxie, stürmte es die Bastille
Brüllte Freiheit
Und köpfte reihenweise Könige

III
Die zweite Aufklärung folgte;
Auch die Frau zog sich Hosen an
Diktatorengeschwüre halfen der Vernunft auf die rechte Bahn
Empörte konnten Nein sagen
Fortschritt wurde größer und größer geschrieben
Jugendliche flüchteten vor dem Nasenbohrertum der Bürgerlichen
Bewusstsein schoss in kurzhaarige Köpfe
Man hatte Spaß, der Kontrast machte es möglich

IV
Der Zeitgeist ist gemordet
Kaltblütig, unerbittlich zerrte man ihn zu Boden
Stampfte ihn ein
Übertoleranz hat sich breit gemacht
Die Jugend versucht wie immer auszubrechen
Doch woraus?
Keinen interessiert keiner mehr
Man steht mit Tabus auf
Und geht ohne Kopfschmerzen ins Bett
Der Gegner ist fern
Zu fern für das revolutionäre Herz
Wissenschaften schlagen mit Kenntnissen um sich
Analysieren die Welt zugrunde
Und fordern jetzt endgültig den Tod Gottes

Schwimm mit, rufen die Fische
Und wirklich:
Da Lachen nicht mehr reizt,
da Kämpfen nicht mehr stört,
da jeder alles weiß,
kann man nur noch
einschlafen.

Die Kirche wurde bereits von hohnlachenden Progressiven zu Tode gestichelt, und zog bei ihrem Fall mit muskulöser Hand den erschrockenen Gott mit hinunter in die Tiefen der immanenten Welt.

Ein jeder Staatsmann hat längst eine Fratze.

Schönheit und Form wurde schon von tausenden überwunden, oder unterwunden.

Zeitgenössische Künstler ziehen sich, da sie die Zeit beobachteten, angstvoll, flink kriechend, in ihr Schneckenhaus zurück, unverstanden, vergeistigt und bewundert verharren sie, froh über den Ausweg und den Ruhm, in ihren dunklen Mauern, die der Pöbel noch stärkt.

Die Reihen der Pioniere sind zum Platzen voll.

Jede Idee hat längst ihr Maul gefunden, in die Welt zu springen.

Der gehetzte Dichter sucht vergeblich, flehentlich nach einer Lücke, in die er sich überzeugt und wortkräftig zu den Großen gesellen kann.

Der Mensch weiß schon alles, denkt sich der zum Ausdruck Drängende und ärgert sich, dass er seine Weisheit nicht mehr vor die Säue werfen kann.

Ein jeder Name von Welt hat sein Konzept, und es gibt deren tausende.

Progress

Da poltert es uns nach unten
Den steinigen Pfad
Es gähnt noch nicht der Abgrund
Doch singen zitternd die Vögel davon

Uns ein Sisyphos, hoffen die panischen Augen

Auch immer wieder, rufen flehend die demütigen Hände,
bloß
nicht
nimmermehr

Machina diabolis

In einer Zeit, so grausam und so golden wie eine jede andre auch, lebte, wohl genährt und gebildet unter seinesgleichen, ein Mensch, der zu schwach war, um glücklich zu sein. Nach Jahren des Zauderns und Zögerns begann er schließlich, sich eine Maschine zu errichten. Es war dies ein ungeheures Folterinstrument voll der peinigendsten Apparaturen, die der menschliche Geist sich nur erdenken kann. Weinend und klagend vollbrachte der Mann sein Werk. Seine ganze Hingabe, alles andere übersehend, galt dieser Konstruktion, und er wurde krankhaft. So verließen ihn Weib und Freunde und er verwahrloste an Körper und Geist. Es dauerte nicht lange, da war die Maschine fertig gestellt; seine letzte Energie hatte der Mann in sein schreckliches Werk gelegt. Sobald dieses aber vollendet war, begab sich der Mann, eine melancholische und unverstandene Träne auf der Wange, unter die Apparatur und gab sich ganz der unmenschlichen Marter, Produkt seines Geistes, hin und verschied langsam und voller Qualen aus dieser Welt, die nicht die seine war.

Schicksal

In den Kerker winkt die feste
Wie in den Palast.

Wer König ist und
Wer darbt

Liegt im Kopf
kämpft, oder auch nicht.

Wollen

Etwas in dir zuckt und möchte
Verfluchen könntest du das Gewicht

Ein Band um den Fuß der Taube
Ein Gesang, von der Schwere erstickt

Der Wille schläft – unruhig.

Das Ungeborene

Es ist in meinem Kopf
Ich bin verliebt und hätte mich
gerne gesonnt darin
Ich will mich dafür geschaffen

Aber an seiner Stelle, draußen,
finde ich den Hauch der Leere
die Mutter hat es anders gemeint.

Kali

Kalt grinst die geile Fratze
Einladend haucht ihr Busen
Schmeichelnd ihr Griff
Und Wut der Augen
Lächelnd versteckt sie sich
Leicht ihr Fuß, und Luft
Hinter dem Unzerreißbaren
Umarmt die Erde
Und will sich mir plötzlich
entblößen

Die Helle

Es ist Zeit, aufzuhören, Fragen zu stellen
Der Himmel singt die Wahrheit
Wollen wollen muss der Mensch, er ist zu alt

Es ist nicht die Dummheit der Menschen
Ich liebe die Dummheit
Ein jeder sieht das Blau des Himmels

Keiner fordert dass ihr euch umarmt
Keiner fordert euren Tod

Liebe das, was ist, denn
mehr bekommt niemand.

Verhalten kann vom Willen anerzogen werden, und Gefühle, und Gewissen – selbst der Wille kann vom Willen anerzogen werden.

Wille ist der erste Schritt zur Erkenntnis.

Ob ein dauerhafter Zustand befriedigt, hängt vom Grad des Bewusstseins seines Erlebens ab.

Sein statt rebellieren – wogegen auch?

Man bekommt soviel geboten, wie man will, dass man geboten kriegt.

In der Sonne sitzen, solange sie da ist, und sich dann des Schattens freu’n.

Die Geliebte

Ich liege in ihrer Umarmung, ihrer dunklen
Ein endloses Ausatmen
Ich schwebe in ihrer Wärme
Mein Körper und mein Kopf sind Luft
Innig verbunden mit dem sanften Dunkel
Eine weiche, schwere Melodie
Lächelnd umschmeichelt sie meinen Körper
Die Dunkelheit ist eine Frau
Ich verschmelze mit der Nacht

Freude

Der Mensch blickt sich um
Er sieht einen Wasserfall, der Vögel Flug, sieht die einzige
Er erblickt sich selbst, und sein Innerstes, aus Luft und Funken, er sieht hinaus, hinab
Der Mensch hat Auge genug, er hat die Wahl

Liebe, Hingabe zur Maske
Meilenlange Schlangen winden sich durch rauschende Gärten
Gesang hallt durch den Dschungel
Es lebt der Rausch, das Lachen
Man baut den Dichtern einen Tempel
Und sonnt sich in der Menschlichkeit
In Laster, Freude, Lust
Löwen, Lämmer, Drachen, Pferde tanzen mit den Lieblingen der Sonne
Kinder rennen spielend um beseelte Bäume
Ein Gott wird besungen, oder gehasst
Auf der Suche nach der Güte oder ihrer krummen Schwester
Buntes Treiben, wild und schön
Leid wird geküsst und Kriege gefochten
Das Land zählt alles, oder die Kunst, oder der 
Wohlstand, oder das Lachen
Fein ist die Mode, oder auch nicht
Die Frage der Werte wird geatmet als der süßeste Duft
Es herrscht der Geschmack, die Tugend und die Sünde
Das Glück umarmt den Zufall, und die Misere
Hingerissen von Sieg und Tändeln
Fühlt jeder das Ich in sich
Eine Seele, ein Geist, wie ein Flimmern über einem
Körper
Einheit, oder Zweiheit, der Mensch ist d a s Rätsel
Wie Wunder Gott schuf, oder der Zufall,
Eine lichte Zauberwelt, ein Labyrinth aus Blumen 
 Kreuzen Ringen
Ein Dickicht der Triebe
Die Frau ist eine Göttin der Sinne, heilig ist sie in ihren 
 Begierden, ihrem Gebären Rot ist der Mond
Der Leuchtende, der Lichtbringer, geht lächelnd durch 
 die Menge
Ruft Wissenschaft dem einen, schöne Kunst dem andren 
 zu
Ein Hoch auf den Menschen, den Schlussstein der Natur
Ein verwundertes, eigentlich erstauntes Hoch
Mit glänzenden Augen und lachenden Mündern
Die Höhe kommt näher, auf der die Taube ruht
Glut ist heilig, und Sitten und Freiheit
Ein Mythos, der Kosmos, klingend und dunkel
Alles schwingt und ist in Bewegung
Die Augen halb geschlossen, wandelt der Genießende
Taumelnd, oder gerade, dankend dem, der die Freiheit schützend und unterstützend gibt

Der Wollende, der Starke, der Tolle,
Er stellt den Fuß auf den kalten Boden
Wagt sich tastend zur Schwelle
Erblickt die Kälte, die Helligkeit,
Die Welt ist ein stöberndes Gestürm, glitzernd weiß, ungerührt und willensstark, glänzend
Der Kampf regiert und bedeutet das Leben
Eine Geisterwelt gibt es nicht. 
Fröstelnd wird dem Geist, der sich die Augen aufhält
Er sieht die Tiefe, sieht, dass es keine Tiefe gibt
Er sieht Gott, sieht, dass es keinen Gott gibt
(Nur Gottes Geburt, das Schicksal, regiert)
Er sieht Gottes Schöpfung, sieht, dass es nur Gottes Schöpfung gibt
Erspäht sich am Saum, weiß sich in der Mitte
Die Welt ist ein Wirbel aus Luft
Es liegt am Selbst, ob Dunkel ist
Frohlockt, der Standpunkt ist variabel
Ob krank oder strahlend, Gott stört es nicht
Das ist die kalte Freiheit, eine Freiheit dritten Grades
Der Mensch kann nicht zum Affen zurück, und Gott hat die Brücke zerstört zu sich
Das wahrhaft Wahre ist einfach, schwer ist die Angst, die tastende Hand dessen, der glaubt zu stürzen
Der, der stürzen will, fragt sich selbst, ob er in die Tiefe 
fällt oder gleitet,
ob Federn ihn empfangen oder Fels
Das Geheimnis ist gesprengt, und was kommt, ist Kälte oder Mittag.

Der Kopf schneidert die Welt, oder nimmt sie
Was herrscht, ist die Erkenntnis, oder die Verkenntnis
Was tanzen macht, ist der Sprung vom Affen.

Der Sturm

Sich dem Sturm öffnen
Und merken, dass er lächelt
Sein Tosen ist Leben, wie lächelndes Verhängnis
Hungrig sich dem Sturm geben
Es gibt keinen Hirten
Sich in das Treiben stürzen,
aufgefangen werden von den Winden
es fällt nicht, der sich wagt.

Umarmung

Es brüllt jede Linde die Freude den Schmerz Gottes
Ein jeder Funke kündigt das erdige Evangelium
Himmel – schrei’n die Hürden und die streichelnden umschmeichelnden Hände
Hier heiratet heute die Luft das Licht
Ein Gleißen, das den Augen nicht wehe tut
Ein Jauchzen, das Jericho nicht zum Einsturz bringen 
brauchen würde
Deine Brust öffnet sich und lässt die ganze Welt hinein
Geht zugrunde an ihrer Qual und frohlockt darüber
Fege die Wolken beiseite, um die Sonne zu sehen,
das Gestürm, das auf einen Wink der Frühling ist
Dieses Flackern, das mit einem Blinzeln aufflammt
Und die tiefsten Höhen leuchtet
Du dankst Gott für jeden deiner Sinne deiner Zwänge
Hohn trieft nur der Witz, lustig und lacht
Macht der Schönheit schöne Augen
Und betrinkt euch mit Wein mit Schönheit
Die Realität erlesen, das einzige, das du hast
Weinen muss jeder, der nicht tanzen will
Ein Adlerschrei durchschneidet die Luft deine Seele
Wie das Lindenblatt
Der Schrei – ja, der Freude
Zum Leid ist im Tode genug Zeit
Eins hat der Blinde dem Sehenden voraus
Aber Hurra rufen beide

Wenn ich tanze
Vergesse ich wer ich bin
Vergesse ich dass es andere gibt
die nicht ich sind

wenn ich lache gibt es kein Übel mehr

wenn ich singe singt Gott aus mir

Die flimmernde Luft über den Wipfeln droht
… zu versteinern

Zweifel

Ich baute mir meinen Thron
Schmückte ihn mit Namen und Gelächter
Doch da ich mich darauf setzte
Fühlte ich mich zu fett darin
(Mein Auge troff vor Sicherheit
Meine Finger wollten geschmeidig ruhn,
alles kam mir jedoch so linkisch vor)

Klarheit

Ich sehe mich in den Augen der anderen
Ihr lob ihr lob trübt meinen Blick
Ihr Tadel senkt sich darein
Aus ihren Augen reißen muss ich mir mein Bild
Um wieder sehen zu können

Zurück

Du bist zu lange mit den Vögeln geflogen
Hast zu lange über die Wolken geschaut
Es wird wieder Zeit zu tauchen
Wieder über menschliches zu weinen
Wieder lieben lernen den Glanz den Schmutz
Es wird wieder Zeit, sich abzuwenden von den Sternen
Etwas anderes sehen zu wollen als den Hauch Gottes
Wieder ablassen vom eigenen
Sich enteignen

Du fischst viel lächelnder im Trüben
Trinkst viel lieber Tafelwein
Denn Nektar
Schaust viel freudiger die Menschen wirklich an (oder 
ihre Masken)
Heule doch,
für eine Zeit lang wenigstens, wieder mit den Hunden

Der erzne Mensch weint nicht
Und kennt nur das göttliche Lachen
Hungert dich nicht nach Hunger?
Dürstet es dich nicht nach Schlaflosigkeit?
Betrübt dich nicht deine Trägheit
Feist auf deinem Throne zu sitzen?

Furchen stehn von Zeit zu Zeit
Einer Stirn nicht schlecht.

Der Wink

Nichts antwortet gleich des Dionysos’ Wandeln
Zaghaft schwindet der Götter Halt
Ob seines Anblicks, des wahrhaft Unbedachten
Es zittert der schattenbringende Pfeil des Apoll
Es glänzt trüber die Rüstung der Pallas
Minder geifert die garstige Gemahlin des Donnerers
Der selbst auch grübelnd die strotzenden Arme verschränkt

Drüber steht, mit taumelndem Worte und wüstem Blick
Der schwächste der Götter, der Launenlose
In trunkenem Wahn gebietet er wahrhaft
Einhalt der Versteinerung
Nie meinte es ernster einer mit dem Scherz
Nie erkaufte mehr Leben sich einer mit spielendem Auge
Heitrer Triumph beschämt ringsum
Dessen Woher ungewiss, dessen Wirkung jedoch der Hauch
Der den Staub zum Wirbeln treibt so ersichtlich
Nicht scheint die letzte Aufgabe des tiefst Blickenden
Die Dinge zum Leben zu bringen
Sondern der Welt rosige Wangen zu verleihen
Aufdass sie strahle auf den Sonnenden
Den Sohn der Sonne

Der gefiederte Gott – Fleisch und Erz
Die Hochzeit des Stahls mit der blauen Blume

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